„Erst jetzt wird uns klar, was hier passiert ist“

Lind/Regensburg. Dr. Burkhard Pfaff hat als Diözesanarzt der Malteser in Regensburg schon viel erlebt. Er war unter anderem im medizinischen Stab beim Deutschlandbesuch von Papst Benedikt XVI. in Erfurt oder auf Großveranstaltungen wie Kirchentagen. Was er im Hochwassergebiet rund um die Stadt Lind erlebt hat, läßt aber auch den Mediziner nicht kalt. „Unser Tag beginnt um 5:30 Uhr. Wir sollen einen Medibus aufbauen und betreiben“, berichtet Dr. Pfaff. Das Ziel ist im Schadensgebiet rund um Ahrweiler in Lind. Beim Weg in den Einsatzort werden die Ausmaße der Katastrophe klar. „Zerstörte Wohnwagen in zwei Meter Höhe in den Bäumen, noch nicht untersuchte Schuttberge, Schrottautos, Hausrat, entwurzelte Bäume. Erst jetzt wird uns richtig klar was hier passiert ist“, so Pfaff.

In Lind betreiben die Helfer unterhalb einer hübschen romanischen Kirche des hl. Martin einen Medibus, der von der Bahn zur Verfügung gestellt wird. „Unser Wachleiter Dominik Reichmann, eine Kinderkrankenschwester und ich richten den Bus entsprechend ein, damit wir ihn möglichst optimal nutzen können“, berichtet Pfaff. Zum Glück ist der Bus bestens ausgestattet, wie Pfaff bestätigt: „Rezeption, Wartebereich, Behandlungsraum, Corona konformer Einbahnverkehr. Es gibt Medikamente, Impfungen, kleine Chirurgie, Infusionen und alles für Notfälle.“ Vor dem Eingang bauen die Helfer eine Corona Schleuse auf, indem die Patienten zunächst nach Impfstatus, Tests usw. befragt werden und dann die üblichen Desinfektionsmaßnahmen durchgeführt werden. Die Malteser ergänzen aus ihrem Einsatzfahrzeug das Notfallequipment, EKG und mobile Sonographie.

Am ersten Tag werden 30 Versorgungen durchgeführt. Eine provisorische Hausarztversorgungsstelle aus dem Gemeindezentrum, betrieben von einer Ärztin, die gerade den universitären Teil der Ausbildung abgeschlossen hat, wird im Medibus integriert. Der Bürgermeister vor Ort unterstützt das Team wo er kann und informiert seine Bürgermeisterkollegen über die Arbeit der Malteser. „Auch unter den freiwilligen Helfern spricht es sich schnell herum, dass wir da sind und impfen. Wir schreiben Rezepte für die Bevölkerung, die Bundeswehr transportiert diese zur Notfallapotheke und bringt die Medikamente, da es für die Bewohner unmöglich ist, da hinzukommen“, erklärt Pfaff die Abläufe. Daneben führt das Team auch Hausbesuche durch. „Von der Bagatellverletzung bis Sturz auf die frisch operierte Hüfte mit V a. Luxation ist alles dabei“, so Pfaff.

Innerhalb eines Tages ist der Medibus das medizinische Headquarter in der Region geworden. Erst gegen 21.00 Uhr endet die Schicht. Der letzte Patient ist ein Bundeswehrkollege, der eine Wundversorgung benötigt, um am nächsten Tag weiter helfen zu können. Die Folgetage unterscheiden sich wenig vom Anfang, sowohl was das Patientenaufkommen angeht als auch die Krankheits-/Verletzungsbilder. „Wir versuchen weiterhin, mit toller Unterstützung durch die Bundeswehr den Bus weiter zu optimieren, unsere Impfvorräte zu ergänzen, Salben, Desinfektionsmittel und Verbrauchsmaterial zu organisieren und auszugeben“, so Pfaff.

Tatkräftige Unterstützung erfolgt auch durch die Kollegen des BRK Kelheim die Mithilfe eines geländegängigen Quads die Transporte von Menschen (Transport von Fußtrupps) und Material sicherstellen und Erkundungsfahrten (jeweils mit zwei von uns) in Gebiete unternehmen die bisher noch von der Außenwelt abgeschnitten waren!

Irgendwann endet dann auch der zweite Tag im Dienst und Burkhard Pfaff kann heimfahren. Seine Erholung ist nur kurz. Montag, 8 Uhr eröffnet er wie gewohnt seine Praxis und versorgt seine Patienten daheim.